Auf kulturellen Austausch kann und will die Welt auch im Ausnahmezustand nicht verzichten!
Andreas Petzold
Niemand hätte geglaubt, dass wir mit solch einer harten Vollbremsung in einer Entschleunigungsphase gelandet sind, die alle gesellschaftlichen Bereiche betroffen haben.
Die Kinder-Uni-Föhr ist davon nicht ausgeschlossen. In Zeiten der Corona-Pandemie gelten für Veranstaltungen die aktuellen und angepassten Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen, die alle kulturellen Organisationen treffen. Kulturschaffende haben deshalb alternative Kunst- und Kommunikationsformen geschaffen, die den einzelnen Blick aus dem Atelier sozialgetrennt einer interessierten Öffentlichkeit ermöglichten.
Im Zeitalter der Reproduzierbarkeit verlieren die Werke ihre Aura, schrieb Walter Benjamin 1935. Im Gedächtnis hat sich seither fest verankert, dass das nicht gut sei. Doch liest man seinen berühmten Kunstwerk-Aufsatz aufmerksam, wird er zur Hymne auf unser Leben im Lockdown. In Corona-Zeiten ist nicht alles anders. Dass von manchen schon längere Aufenthalte in der eigenen Wohnung oder im Atelier als ein gesellschaftlichen Ausnahmezustand und Epochenbruch wahrgenommen werden, führt mitunter zu skurrilen Schlagzeilen und Ideen. Die Einsamkeit des „Armen Poeten“ wurde zur Metapher für kreatives Arbeiten im Art- und Home-Office. Und das hier und da sogar mit gutem Erfolg.
Auch wenn es manchmal anders erscheint, hat man auch schon vor Corona in der eigenen Wohnung auch Kunst via Arte TV, 3Sat, Netflix oder Künstlerportale daheim konsumiert. Dass wahre Kunst Präsenz und Originalität voraussetzt, ist ein zählebiger Mythos, der immer wieder diskutiert wird.
Denn „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“, Walter Benjamins berühmter Aufsatz von 1936, beschwört zwar einerseits die Aura des einzigartigen Werks, als „einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag“, behält diese andererseits eben historisch gewordenen Formen der Kunst (und ihrer Rezeption) vor: etwa der einzigartigen Wahrnehmung vor dem Original in einer Galerie oder Museum, dem Besuch einer Theater- oder Konzertvorstellung. Vielleicht hat der kulturelle Shutdown auch sein Gutes, insofern man Benjamins „einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag“ neu schätzen lernen kann. Aura lässt sich per Definitionem nicht „einfach zuhause“ simulieren, oder vielleicht doch?
In Zeiten der Corona-Krise reicht es allerdings nicht, Werke einfach nur virtuell abzubilden, sagt der Kunsthistoriker Wolfgang Ulrich. „Wenn es um die Wahrnehmung von Kunst im öffentlichen Raum geht, ist es ganz wichtig Kontexte herzustellen, die möglichst verbindlich sind“, so Ulrich.
Die Kinder-Uni-Föhr und die interaktiven Vorlesungen des Föhrer Künstlers Andreas Petzold könnten solche Kontexte erzeugen, und Verbindlichkeit ermöglichen. Er präsentiert einmal pro Woche eine Arbeit aus seinem Zyklus „Maritime Popart“ im Netz und versucht Kinder wie deren Eltern neugierig zu machen, sich mit seiner Kunst auseinanderzusetzen. Damit kann eine Verbindlichkeit zwischen der Kinder-Uni-Föhr, dem Künstler und den interessierten Kindern/Eltern über das Netz entstehen, die es bislang so nicht gegeben habe.
Das impliziert aber auch eine Chance, den kunstinteressierten Kindern Kunst noch mal ganz anders und zeitgemäß vorzustellen. Noch zahlreiche weitere digitale Angebote von Museen auf der ganzen Welt ließen sich hier anführen, mit deren Hilfe wir uns Kunst und Kultur ins Wohnzimmer holen können. Während all diese Formate unter „normalen Umständen“ als Ergänzung zum eigentlichen Ausstellungsbesuch gedacht sind, gewinnen sie augenblicklich ganz unerwartete Relevanz und stellen eine unverzichtbare Brücke in die Kunstwelt dar. Die aktuellen Umstände werden sicher in vielen Bereichen zu einem Umdenken führen. Für Kultureinrichtungen können sie auch als Chance genutzt werden, um kreativ neue Möglichkeiten der Visualisierung und Präsentation Arbeit im Netz zu erarbeiten. Denn eines ist sicher: Auf kulturellen Austausch kann und will die Welt auch im Ausnahmezustand nicht verzichten!
Informationen für Kinder und Eltern.
Moin und herzlich willkommen zur Kinder-Uni-Föhr 2020 – diesmal künstlerisch und kommunikativ anders. Eigentlich hatte ich wieder vor, für euch etwas Besonderes unter dem Begriff Kunst&Farbe zu machen. Die Friesische Karibik hätte viele Beispiele dafür bereit gestellt. Aber das große C hat uns dieses Mal die Möglichkeit nicht gegeben, gemeinsam zusammen zu kommen und kreativ zu sein.
Ich greife deshalb auf die etwas anonymere Kommunikation über das Internet zurück. Was wiederum die Hilfe und Zusammenarbeit eurer Eltern bedingt, die ja sonst nicht bei den Aktionen der Kinder-Uni-Föhr teilnehmen. Ich stelle euch eine meiner zentralen Arbeiten unter dem Begriff „Maritime Popart“ im Anhang zum Kopieren zur Verfügung. Ihr ladet sie auf euren Computer, euer Tablett oder auf euer Handy (oder auf das eurer Eltern) runter und bearbeitet es nach Lust und Laune mit den Stilmitteln, die euch gefallen. Eine weitere Möglichkeit ist die Fortsetzung der Arbeit zuhause, wenn ihr wieder aus Föhr abgereist seid. Ihr druckt die Vorlage von mir aus und bearbeitet sie mit den Werkzeugen (Farbstift, Farbkasten, Filzstift, Buntstift etc.), die ihr in eurem Zimmer vorfindet. Wenn ihr fertig seid, signiert ihr die Arbeit, scannt oder fotografiert sie sauber von oben mit möglichst wenig Rand und schickt mit die Datei an folgende Adresse. moin@kunsteins.de (Betreff: Kinder Uni Föhr 2020)
Alle Arbeiten werde ich auf meiner Homepage www.kunsteins.de einzeln veröffentlichen und am Ende der Kinder-Uni-Föhr ( Die erste Kinder-Uni-Veranstaltung findet am 30. Juni 2020 statt, die letzte am 04. September 2020.) alle zu einem gemeinsamen Bild zusammenmontieren. Letzter Einsendetermin ist der 10. September. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Das gemeinsame Bild werde ich euch – das Einverständnis eurer Eltern vorausgesetzt, dass ich eure Email-Adresse erfahren und nutzen kann – zuschicken und die Kunstaktion am 10. September beenden.
Hier findet ihr die Vorlage "Wir schaffen das!" für KIU Föhr als Pdf-Datei .