Die Quadratur des Kohls

 

 

 

Überlegungen des Föhrer Künstlers Andreas Petzold

 

Monochrome Kunst scheint für viele Betrachter das Simpelste in der Kunst  zu sein, obwohl die Allmacht der Farbe in ihrer bescheidensten und reinsten Form den Blick des Betrachters doch  herausfordert und übersteigt. Künstler, die monochrome Kunst schaffen, profitieren scheinbar von der totalen Freiheit in ihrem Ansatz und ihrer Technik. Dem Kohl sei Dank, so zumindest aus meiner Sicht.

 

Die moderne Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts war geprägt vom Aufkommen der Abstraktion, einer visuellen Sprache, die frei von jeder definierten Darstellung ist. Ihre internationale Dimension wurde durch die Arbeit innovativer Künstler mit einzigartigen Visionen gefördert. Der Begriff „monochrom“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „nur“ und „chroma“ bedeutet „Farbe“. Und die grüne, blau-rote und naturweise Farbe des Kohls springt einem förmlich ins Gesicht.

 

Während die monochrome Kunst ursprünglich Werke mit verschiedenen Schattierungen umfasste, beschränkt sie sich heute auf Werke mit einer einzigen Farbe. Protagonisten dieser Sichtweise sind Kasimir Malewitsch und Yves Klein. Das 1915 von Malewitsch enthüllte Werk mit dem Titel >Black Square< (Das schwarze Quadrat), >White on a White< (1918) öffnet der Künstler symbolisch die Türen zu dieser Welt der unendlichen Möglichkeiten für viele Zeitgenossen, die ebenfalls etwas Magisches in dem Nullpunkt der Malerei finden wollen. In der Tat lässt uns die monochrome Kunst das Material, die Symbole und die Zeit ein Stück vergessen und am Ende kann man sogar den Kohl noch essen!

Es geht um die Empfindung des Künstlers, die manchmal verstörend, aber auch erstaunlich sein kann. Die Frage, die sich mir dabei immer wieder stellte, war die Überlegung, ob man aus Kohl, insbesondere Grünkohl, künstlerische Positionen ableiten kann. Eine Fragestellung, die nicht einfach so zu beantworten ist. Gerne greife ich auf Kunsttheorien zurück, um mich selbst besser verorten zu können. Sir Ernst Gombrich war der mit Abstand populärste Kunsthistoriker, dessen kunsttheoretischen Leitplanken ich daher gerne nutze. Seine Story of Art ist zwischenzeitlich weltweit richtungsweisend. "Es gibt keine Kunst. Es gibt nur Künstler.", war sein Statement. Und die bilden ab. Was zwangsläufig Probleme und Fragen aufwirft und den einen oder anderen irritiert, weil er nicht sieht, was er will. Gilt es doch, die unfassbare Komplexität der Natur auf die zwei Dimensionen des Bildes zu reduzieren. Ein guter Künstler ist dann jener, der zumindest zu einem Teilproblem eine adäquate Lösung anbieten kann, aber nicht muss. Und dazu bedarf es weder eines göttlichen Funkens noch einer Vorherbestimmung.

Der populärste aller Kunsthistoriker arbeitete allerdings kaum "kunsthistorisch". In seiner Aufsatzsammlung >Bild und Auge< widmete er sich 1982 erneut den grundlegenden Fragen: Wie nehmen wir Bilder wahr? Wie werden Bilder gemacht? Ergänzend nehme ich zusätzlich noch theoretische Anleihe bei John Berger, und zwar in seinem legendären Buch >Sehen - Das Bild der Welt in der Bilderwelt< lehrte John Berger uns Anfang der 1970er Jahre, Bilder neu zu sehen. Er analysiert Gemälde nicht isoliert in einer Welt von musealer Ewigkeit, sondern als Gebrauchsmuster der modernen Gesellschaft. Die Antworten sind theoretisch offen und lassen Spiel zur Diskussion. Auch morgen noch.

 

Diese große Veränderung und Fragestellung in diesem Kontext verdanken wir sicherlich auch Yves Klein, für den die Monochromie eine Berufung war. Sein >Klein Blue< oder IKB, wurde schnell zur Ikone der modernen Kunst. Es trug dazu bei, eine Praxis zu popularisieren, die heute neben dem Portrait, der Landschaft oder dem Stillleben zu einem eigenen Genre in der bildenden Kunst geworden ist.

 

Es gibt keinen präzisen und allgemeingültigen Grund, der Künstler dazu bewegen würde, monochrome Kunst zu schaffen. Jede Epoche, jedes Land und jeder Künstler birgt seine eigenen Geheimnisse und seine individuellen Sichtweisen hervor. Dabei überrascht die monochrome Kunst Betrachter immer wieder. Sie irritiert und weckt zugleich Neugierde, hinter die Idee zu kommen. Und das ermöglicht viel Raum für Fantasie. Darin liegt die Besonderheit der monochromen Kunst.

 

 

Sie hat in der Interpretation  eigentlich keine Grenzen und erlaubt alle Arten von Experimenten in Bezug auf Texturen, Oberflächen, Effekte. Und auch das ist ein Teil der Kunst. Der Kunst, den Kohl unter künstlerischen Blickwickeln zu betrachten. Das Ergebnis sehen Sie hier auf dieser Seite. Unddie Originale sind schon längst verspeist!

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© Andreas Petzold #KUNSTEINS 2023