BON BON UND NOCH EIN BON

Wo Müll kreativ verarbeitet wird         

Inselbote vom 27.02.2020

 

Die Bon-Pflicht brachte Andreas Petzold auf die Idee:

 

Der Nieblumer Künstler schafft aus Kassenzettel-Abfall kleine Kunstwerke

Nieblum

 

Seit Jahresbeginn sorgen neue Regelungen zur Absicherung von Registrierkassen deutschlandweit und auch auf Föhr für Diskussionen. Ein Szenario, das auch dem Nieblumer Künstler Andreas Petzold (PAN) nicht entgangen ist, der sich dem Thema nun kreativ-ironisch widmet.

 

Hintergrund: Seit dem 1. Januar gilt die sogenannte Bon-Pflicht. Die Regelung verpflichtet Verkäufer, ihren Kunden bei jedem Einkauf einen Kassenbon auszudrucken, den dieser allerdings nicht annehmen muss. Ziel ist, den täglichen Abrechnungsbetrug und Steuerhinterziehungen in Milliardenhöhe zu vermeiden.

 

Allerdings stößt die neue Regelung bei den Betroffenen auf wenig Verständnis: Kaum ein Kunde nimmt den Bon mit, die Händler bleiben auf den Belegen sitzen und die Kassenzettel landen direkt im Müll. Eine vermeidbare Umweltverschmutzung, wie viele meinen. Grund dafür: Die Kassenbons können nicht recycelt werden. Sie sind Restmüll, denn ausgedruckt wird nicht normales, sondern Thermopapier.

 

„Für mich als Föhrer Künstler mit Dada- und Fluxuserfahrung, einer Kunstrichtung, die 1916 begann und heute noch vieles Künstlerische in Frage stellt, ist der Bon eine kreative Herausforderung“, sagt Petzold. Dieser diene als Spiegel für die Gesellschaft, verweist er auf historische Vorbilder für die aktuelle Situation. Während Picasso und Braque Krimskrams aus dem Atelier für die Herstellung ihrer Papier colle’s verwendet hätten, habe Kurt Schwitters für seine Assemblagen die örtlichen Mülleimer geplündert. Schwitters habe Müll als das angemessene Medium für seine Zeit gesehen und Abfall oder gefundene Materialien eingesetzt, um eine Einheit zwischen Kunst und realer Welt herzustellen.

 

Auf diesen Spuren wandelt nun auch Andreas Petzold, der mit seiner Kunst zum Nachdenken anregen und das Thermopapier in den Kreislauf zurückführen will. Ein Glücksfall für ihn ist, dass er nicht in Abfalleimern oder Müllcontainern wühlen muss. Die Nieblumer Händler heben die Bons für ihn auf, er holt sie regelmäßig ab und, wie er sagt: „Ich nehme den Kassenbon mit und transformiere ihn in eine neue Dimension, ein künstlerisches Dasein.“ Die Händler erhalten die zu Kunstobjekten avancierten Belege zurück und können sie an ihre Kunden verschenken.

 

Bearbeitet werden die je nach Einkauf zehn bis 20 Zentimeter langen Papierstreifen in der Collage-Technik. Die kleinen Kunstwerke entstehen mittels diverser Werkzeuge in Falt-, Loch-, Knick- oder Schneidetechnik. Und Andreas Petzold nimmt die Bons auch als Grundlage für weitere künstlerische Arbeiten. So versendet er etwa Kassenzettel-Postkarten als Mail Art.

Gereizt hat ihn auch die Idee, die Belege selbst per Post zu versenden. Testweise hat er eines der kleinen Kunstwerke an die Redaktion des Insel-Boten verschickt. Ob dieses den Adressaten erreicht, bleibt allerdings abzuwarten. psz/ib

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