Mit der neg kunstvoll ans Meer

 

 

Für mich sind es immer wieder spannende Gelegenheiten, in denen ich Landschaft in Bewegung sichtbar machen möchte. Pinsel und Leinwand übernimmt allerdings dabei die Digitalkamera mit ihren unterschiedlichen kreativen Einstellungen und Gestaltungsmöglichkeiten. Für den künstlerischen Gestaltungsprozess von Niebüll neg–Dagebüll stehen mir dann nur 18 Minuten und 13,7 km Bildfläche und Gestaltungsbühne zur Verfügung.

 

Die Bahntrasse, die die künstlerische Sichtachse darstellt, verläuft größtenteils durch flaches, landwirtschaftlich geprägtes Marschland und folgt dabei teilweise längsseits auf und neben den historischen Deichlinien des ehemaligen Wattenmeerbereichs Dagebüller Bucht. Schafe sind die wenigen Zuschauer der Szenen, hier und da ein Landwirt auf seinem Traktor und bei viel Glück manchmal auch ein Rudel Rehe. Ansonsten bleibt es, je nach Lichteinfall, ein zufälliges Spiel mit der immer wieder verändernden Landschaftform, die von der Hand der ortsansässigen Landwirte und der behutsam gesteuerten Geschwindigkeit des Lockführers der RB65 der neg gestaltet wird.

For me, there are always exciting occasions when I want to visualise landscape in motion. The digital camera, however, takes over the brush and canvas with its various creative settings and design possibilities. For the artistic design process from Niebüll neg-Dagebüll, I then have only 18 minutes and 13.7 km of picture space and design stage at my disposal.


The railway line, which represents the artistic visual axis, runs for the most part through flat, agricultural marshland, partly following alongside and on the historic dyke lines of the former mudflat area of Dagebüll Bay. Sheep are the few spectators in the scenes, here and there a farmer on his tractor and, if you are lucky, sometimes a pack of deer. Otherwise, depending on the incidence of light, it remains a random game with the ever-changing landscape form, shaped by the hand of the local farmers and the carefully controlled speed of the decoy driver of the RB65 of neg.

 

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Bewegung in der Kunst oder Kunst in Bewegung in 18 Minuten und 13,7 km

 

Andreas Petzold

 

Oft ist es nur ein Reflex, der den Auslöser der Kamera aktiviert, um die fließenden Bewegungen durch das Fenster des neg-Triebwagen mit der Streckennummer RB65 von Niebüll nach Dagebüll Mole einzufangen. Es geht um Bewegung in der Kunst oder Kunst in Bewegung.  Ob dramatische Gesten oder flirrende Pinselstriche der Neoexpressionisten über die kinetische Plastik bis zu den Performances: Bewegung war und ist schon immer ein zentrales Thema der Kunst. So paradox es auch klingen mag: Die Starre des Motivs auf der Leinwand oder auf Marmor mit den Mitteln der Illusion zu überwinden, war ein wesentliches Ziel künstlerischer Aktivität.

 

Denn gerade Farbe, Licht und Komposition erzeugen Lebendigkeit und Bewegung in Bildern, die unsere Sinne reizen sollen. Die industrielle Revolution initiierte noch mehr Bewegung ins gesellschaftliche Dasein und damit auch in die Kunst. 1863 forderte Charles Baudelaire, dass schnell ausgeführte Bilder die Bewegung des modernen Lebens widerspiegeln sollten. Gerade die spontan aufgetragenen Pinselstriche prägen die populäre Epoche des Impressionismus. William Turners Seestücke z.B., bei denen er fast die Entmaterialisierung des Gegenständlichen provozierte und das Licht und die Farbe von Sonnenlicht, Feuer, Wasser und Bewegung in ganz neuartiger Weise zum eigentlichen Thema seiner Bilder machte. Oder Edgar Degas, der seinen Tänzerinnen drehende Bewegung im Malstil verleiht oder später auch Ernst Ludwig Kirchner, der rotierende Bewegungslinien um sein Tanzpaar als Verstärkungsmittel einsetzt.

 

Bis die Kunst schließlich selbst in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in Bewegung gerät und kinetische Objekte entstehen. Spiegel brechen das Licht und verändern durch ihre multiperspektivische Ausrichtung die Wahrnehmung des Raumes und des Spiegelbildes. In der Performance wird der menschliche Körper selbst zum Material: Körper vermessen die Welt, dokumentieren die Bewegung im Raum. In der zeitgenössischen Kunst tritt die Malerei schließlich in den Raum und wird zur bewegten Skulptur, die auch den Betrachter mit seiner Bewegung einbezieht. Denn es geht um Bewegung in der Kunst oder Kunst in Bewegung.

 

Und das in der RB65 der neg, der Norddeutsche Eisenbahn Niebüll GmbH. Und diese Bewegung dauert in der Regel zwischen Niebüll und Dagebüll über Deezbüll, Maasbüll und Dagebüll-Kirche bis Dagebüll Mole, dem Fährhafen, um nach Föhr und Amrum zu kommen, kurze 18 Minuten.  Für Reisende, die mit dem IC im Kurswagen zügig angereist sind, oder solche, die bis Hamburg in den Genuss des schnellen ICE gekommen sind, müssen sich in eine andere, kontemplativere Welt zurück versetzt fühlen. Das fängt mit einem smoothy Ploppgeräusch des Schließens der Türen an, bevor der Triebwarenkondukteur sein Gefährt langsam in Bewegung setzt. Mit der Ausfahrt aus den Randbezirken von Niebüll wird die typische norddeutsche Küstenlandschaft sichtbar, die das Bild prägt: „Hier könnte ich zur Ruhe kommen – hier bin ich zuhause!“

 

Für mich sind es immer wieder spannende Gelegenheiten, in denen ich Landschaft in Bewegung sichtbar machen möchte. Pinsel und Leinwand übernimmt die Digitalkamera mit ihren unterschiedlichen Einstellungen. Für den künstlerischen Prozess von Niebüll neg–Dagebüll stehen mir 18 Minuten und 13,7 km Bildfläche und Gestaltungsbühne zur Verfügung. Die Bahntrasse verläuft größtenteils durch flaches, landwirtschaftlich geprägtes Marschland und folgt dabei teilweise längsseits auf und neben den historischen Deichlinien des ehemaligen Wattenmeerbereichs Dagebüller Bucht. Schafe sind die wenigen Zuschauer der Szenen, die bei viel Glück manchmal von einem Rudel Rehe abgelöst werden.

 

Zwischen dem Dagebüller Hafen- und Molenbahnhof führt die Strecke durch einen durch Fluttore verschließbaren Deichdurchlass und schafft damit immer wieder spannende Sichtweisen, die den Auslöser der Kamera rechtfertigen. Unterschiedliche Sonnenstände, strömender Regen oder Nebel lassen hier das Herz des Künstlers vibrieren. Der Blickwinkel ist dabei immer starr, die Kamera direkt oder leicht seitlich ans Zugfenster gehalten. Die kreative Entscheidung, auf den Auslöser zu drücken, ist oft ein Reflex, der erst im Atelier zur Gewissheit wird, hier ist Kunst in Bewegung oder Bewegung in der Kunst. Aus Licht und Schattenreflexen auf den Triebwagenscheiben entstehen mit den vorbeifliegenden Marsch-Landschaftsformen eigenständige Bildwelten, die dem Auge des Betrachters ein vielfältiges optisches Spielfeld bieten. Deutlicher wird der Wahrnehmungsprozess bei den Kurzfilmen, die parallel auf der Strecke teilweise mit dem Smartphone produziert werden. Die bildnerische Formensprache wird durch die Geschwindigkeit des RB65 der neg deutlich beeinflusst und zu Kunst in Bewegung überführt.

 

 

https://www.youtube.com/watch?v=anM8zTINeUM

Nordfriesland ist PANtasieland

 

Kunst im öffentlichen Raum – Kunst in Bewegung - Kunst von Andreas Petzold

                                                             

Kunst für alle? Kunst im öffentlichen Raum zwischen Partizipation und Intervention? Kunst in Bewegung? Kunst zwischen Niebüll und Dagebüll!

 

Wenn Kunst die Galerie oder das Museum verlässt und Teil des öffentlichen Raumes  und des alltäglichen Blicks werden will, gelten plötzlich andere Bedingungen. In Galerien, Kunsthallen und Museen bedarf es der Zustimmung weniger. Und diese Wenigen sind meistens Spezialisten. Sie definieren aus ihrem Blickwinkel Kunst und künstlerische Prozesse. Im öffentlichen oder teilöffentlichen Raum eines Flugzeuges (Das Pisa Projekt, 1992), eines Taxis (Kunst im Taxi, 1992) oder eines Zuges (Transsibirische Eisenbahn, 1990) jedoch, bedarf es der Zustimmung vieler: Busfahrer, Flugbegleiter, Taxifahrer und, wie aktuell im Zug der neg (Norddeutsche Eisenbahn Gesellschaft), der Zustimmung der Mitarbeiter/Innen und Zugbegleiter/Innen der neg und natürlich die der Fahrgäste. Und diese vielen neuen Kommunikatoren sind selten Spezialisten und neigen dazu, die Kunst nach Fragen des Geschmacks, der Ästhetik und des Sinns zu beurteilen. Man fragt, ob es einem gefällt, ob es sozial verträglich ist, ob es nützt.

 

Dabei fragt die Kunst nicht nach dem ortsüblichen Konsens. Kunst kann erst dann über die Spezialisten hinaus wirken, wenn sie ihren vorgesehenen Freiraum (SehRaum) verlässt und das Publikum dort abholt, wo es steht. Oft außerhalb der „heiligen Hallen Museum und Galerie“.  Und dabei sucht sie eine bestimmte Situation an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit aus. Ab Montag, 07.09.2020, bis Ende des Jahres im neg KundenCenter, den neg Schaukästen an allen Bahnhöfen und im Zug der neg zwischen Niebüll und Dagebüll.

 

Meistens sind es oft kleine, intelligente, witzige Ideen, die ein wenig Verwirrung stiften und bisweilen nach Guerilla-Taktik aussehen. Sie taucht hier und da plötzlich, unvermittelt auf und erzeugt ein visuelles Ereignis, das einem zustößt wie eine zufällige, aber bemerkenswerte Begegnung, die zum Gespräch Anlass gibt, manchmal aber auch nur ein unverhoffter Angriff auf die Sinne ist.  Niemand wird verletzt. Die Revolution - wenn überhaupt - findet in den Köpfen statt. (Kunstangriff mittels Laufmappe auf Beamte hessischer Ministerien, 1995) Denn der Ertrag liegt stets in einer Denkbewegung.  Fokussiert man diese Sichtweise auf den Werksverlauf der letzten Jahre von Andreas Petzold (PAN), findet man genügend Beispiele in seinem Oeuvre, die in sich schon spektakuläre Ansätze von multimedialer Interventionskunst haben. (Lichtbrücke zwischen den Inseln Föhr, Amrum und Sylt, 2016)

 

Pan war übrigens der Halbgott des antiken Griechenlands, der gerne durch die hellenischen Wälder streifte und es vergnüglich fand, mit den Hirten gruseligen Schabernack zu treiben. Den armen Hirten blieb damals nichts anderes übrig als „panisch“ die Flucht zu ergreifen. Flucht muss niemand ergreifen, wenn Andreas Petzold alias PAN seine Finger im Spiel hat, denn seine Ziele sind immer auch die Freude am Prozess.

 

Siehe hierzu   https://www.kunsteins.de/kritik-presse/ und erweiterter Auszug aus dem Pressespiegel Kunst von Andreas Petzold.pdf

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